Die wiederkehrende Einsamkeit
Der Duft des Sommers ist noch in der Nase, doch draußen ist es nass, kalt und dunkel.
Und jährlich grüßt das Coronavirus. Genauso überraschend wie Weihnachten kehrt es aus dem Sommerurlaub zurück.
Das Land ist gespalten in ewigen Diskussionen, Familien sind gespalten, ich selbst fühle mich gespalten zwischen den Lagern, wie im Niemandsland verloren, ohne mich in einem der Pro und Kontra Impflagern heimisch zu fühlen.
Diese Spaltung macht viele aggressiv und innerlich einsam. Selbst wenn wir noch einige Kontakte haben, die Leichtigkeit des Sommers ist vorbei, es wird auch in unserem Inneren kalt. Manches Herz zieht sich zusammen, macht sich klein, versucht sich zu schützen und sehnt sich doch nach Nähe und Berührung, Kontakt und Freude, Lachen und Wärme.
Unser Herz und unsere Seele brauchen Berührung, echten und spürbaren Kontakt, um sich zu nähren, zu entfalten und auch, um unser Immunsystem zu stärken. Wie kann das gehen, angesichts der vollen Krankenhäuser, dem überlasteten Pflegepersonal und der hohen Inzidenzen?
Ich gehe im Wald und atme den würzigen Duft der Bäume, ich höre das Rascheln der Blätter unter meinen Füßen, ich sehe den ersten Schnee auf den Bergen, ich atme – ein – aus- ein- aus. Der Atem strömt durch meine Nase in die Luftröhre, weiter in die Lungenflügel, es wird wärmer in mir. Ich lege meine Hand auf meinen Herzensraum, spüre es pochen, mein Herz spürt die Hand, es fühlt sich an wie Kontakt, mein Herz entspannt sich.
Ich spüre den Menschen neben mir, ich fühle mich verbunden.
Außen ist es kalt, in mir ist es warm und weit geworden.
Welche Haltung uns in solchen Zeiten wie diesen stärken kann, hat Charlie Chaplin schon vor über 60 Jahren in seinem Gedicht zum Ausdruck gebracht.
Als ich mich selbst zu lieben begann
Charlie Chaplin am 16.04.1959
Als ich mich selbst zu lieben begann,
habe ich verstanden, dass ich immer und bei jeder Gelegenheit am richtigen Ort bin und dass alles, was geschieht, richtig ist,
von da an konnte ich ruhig sein.
Heute weiß ich, das nennt man (Selbst)vertrauen.
Als ich mich selbst zu lieben begann,
konnte ich erkennen, dass emotionaler Schmerz und Leid nur Warnungen für mich sind, gegen meine eigene Wahrheit zu leben.
Heute weiß ich , das nennt man Authentisch sein.
Als ich mich selbst zu lieben begann,
habe ich verstanden, wie sehr ich jemanden verletzten kann, wenn dieser jemand meine Sehnsüchte erfüllen soll, obwohl ich merke, dass weder die Zeit noch die Person reif dafür ist und auch, wenn ich diese Person selber bin.
Heute weiß ich, das nennt man Respekt.
Als ich mich selbst zu lieben begann,
habe ich aufgehört, mich nach einem anderen Leben zu sehnen und konnte sehen, dass alles um mich herum eine Aufforderung zum Wachsen war.
Heute weiß ich, das nennt man Reife.
Als ich mich selbst zu lieben begann,
habe ich aufgehört, mich meiner freien Zeit zu berauben und ich habe
aufgehört, weiter grandiose Konzepte für die Zukunft zu entwerfen.
Heute mache ich nur das, was mir Spaß und Freude macht, was ich liebe und mein Herz zum Lachen bringt, auf meine eigene Art und Weise und in meinem Tempo.
Heute weiß ich, das nennt man Einfachheit.
Als ich mich zu lieben begann,
habe ich mich von allem befreit, was nicht gesund für mich war, von Speisen, Menschen, Dingen, Situationen und von allem, was mich immer wieder hinunter zog, weg von mir selbst. Anfangs nannte ich das gesunden Egoismus, aber
heute weiß ich, das ist Selbstliebe.
Als ich mich selbst zu lieben begann,
habe ich aufgehört, immer Recht haben zu wollen,
so habe ich mich weniger geirrt.
Heute weiß ich, das nennt man Demut.
Als ich mich selbst zu lieben begann,
habe ich mich geweigert in der Vergangenheit zu leben und mich um meine Zukunft zu sorgen. Jetzt lebe ich nur noch in dem Augenblick, wo alles stattfindet, so lebe ich heute jeden Tag und nenne es Erfüllung.
Wir brauchen uns nicht weiter vor Auseinandersetzungen und Konflikten und Problemen mit uns selbst und anderen zu fürchten, denn sogar Sterne knallen manchmal aufeinander und es entstehen neue Welten.
Heute weiß ich, das ist Leben.