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Sharmili-Mehar-Madishetty

Jeder Mensch ist einzigartig
Ein Interview mit Dr. Sharmili Mehar Madishetty (B.A.M.S.)

Mit ihrer langjährigen Ayurveda-Expertise und viel zwischenmenschlichem Feingefühl nimmt sich Dr. Sharmili Mehar Madishetty (B.A.M.S.) den Gästen des RoSana an: Schon ihr Ayurveda- und Chirurgie-Studium an der Dr. NTR University of Health Sciences in Indien schloss sie als beste ihres Jahrgangs ab. Nach weiteren Fortbildungen sowie der Tätigkeit als Ärztin im AYUSH, National Health Portal von Indien, führte sie 2015 der Weg zu RoSana. Wir sprachen mit der Ayurveda-Expertin über ihre Erfahrungen.

Wie sind Sie mit Ayurveda in Kontakt gekommen?

Ayurveda war irgendwie mein Schicksal, denn nach meiner Schulausbildung und dem Abitur musste ich mich aus Kostengründen für ein College entscheiden, das in unserer Stadt lag. Die Ausbildung im Bereich Ayurveda wird vom Central Council of Indian Medicine (CCIM) geregelt und so fing ich dort an.

Wie jede vedische Disziplin erschien auch das Studium des Ayurveda anfangs schwierig. Im Wesentlichen begannen wir, eine neue Sprache – die der Natur – zu erlernen, die Natur des Körpers zu erfassen und den Körper wiederum als natürliches Leben zu begreifen. So richtig in den Bann zog es mich, als wir die tiefen Einsichten der verschiedenen Samhitas, also die vedischen authentischen Texte des Ayurveda, kennenlernten. Ich erzielte in verschiedenen Fächern Bestnoten und gewann 9 Goldmedaillen.

Schließlich war ich überglücklich und hatte Tränen in den Augen, als ich erfuhr, dass ich nicht nur in unserem College, sondern im ganzen Bundesstaat die beste Schülerin war. Der 18. Februar 2008 war ein denkwürdiger Tag für mich – an diesem erhielt ich die prestigeträchtige Auszeichnung und den Abschluss aus den Händen des staatlichen Generalgouverneurs.

Sharmili-Kerala

War es schon immer Ihr Wunsch therapeutisch zu arbeiten?

Ja, schon während ich die ayurvedische Medizin erlernte, war es mein Ziel, therapeutisch zu arbeiten. Ich begann meine berufliche Reise aber zunächst mit einem Forschungsjahr am CCRAS (Zentralrat für ayurvedische Forschung) und arbeitete dann vier Jahre lang als Ayush Medical Officer in einem kleinen Dorf sowie anschließend in einem privaten Ayurveda-Krankenhaus, wo ich viele praktische Aspekte wie Panchakarma lernte. Seit 2015 bin ich nun als Ayurveda-Expertin im RoSana Gesundheitszentrum tätig.

Sharmili-Ayurveda

Wie würden Sie jemandem, der noch nie von Ayurveda gehört hat, Ihre Arbeit beschreiben?

Ayurveda ist eines der ältesten medizinischen Systeme der Welt. Es entstand vor 5.000 Jahren in Indien und beruht auf einem natürlichen und ganzheitlichen Ansatz für die körperliche, geistige und mentale Gesundheit.

Jeder Mensch ist einzigartig und Ayurveda definiert die spezifische Konstitution eines Menschen als Prakriti. Diese bestimmen alle körperlichen, psychologischen, verhaltensbezogenen und immunologischen Eigenschaften.

Im Ayurveda geht man davon aus, dass Krankheiten auf ein Ungleichgewicht oder Stress im Bewusstsein des Menschen zurückzuführen sind und empfiehlt Veränderungen im Lebensstil sowie natürliche Therapien, um dieses Gleichgewicht zwischen Körper, Geist, Seele und Umwelt wiederherzustellen. Ayurveda ist also nicht nur »Massagen« oder »Wellness« – es ist eine Lebensweisheit.

Mit welchen Beschwerden kommen die meisten Ihrer Gäste zu Ihnen?

Das geht tatsächlich von Burnout, Problemen mit den Atemwegen, Arthrose und Verdauungsstörungen über Hautprobleme, Fettleibigkeit, Schlafbeschwerden, Ängsten und Blutdruckerkrankungen bis hin zu Begleiterscheinungen nach einer überstandenen Chemo-Therapie oder aktuell Long-Covid-Beschwerden. Aber abgesehen von akuten Behandlungen, kommen viele unserer Gäste zur prophylaktisch-präventiven Betreuung, um ihre Gesundheit und Vitalität zu erhalten. Sie möchten den Ursachen von Beschwerden auf den Grund gehen. 

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Jeder
Mensch ist
einzigartig

Haben Ihre Patienten schon einen Verdacht, was ihnen eigentlich fehlt? Oder sind sie von der Diagnose eher überrascht?

Oft kommen unsere Patienten mit verschiedenen Symptomen zu uns, wissen aber gar nicht, was eigentlich mit ihnen los ist. Sie klagen beispielsweise über stressbedingte Probleme und sind dann ganz überrascht, dass die Ursache eigentlich in ihrem Darm liegt oder umgekehrt. Ayurveda hat eine einzigartige Art zu untersuchen und zu diagnostizieren. Wir sehen den Menschen als Ganzes und nicht nur die Symptome, mit denen jemand zu uns kommt.

Was ist in Ihren Augen die Hauptursache für so viele Zivilisationskrankheiten wie Rückenschmerzen oder Magen-Darm-Beschwerden?

Diese liegen sehr oft in falschen Ernährungsgewohnheiten und einem ungünstigen Lebensstil. Hinzu kommen bestimmte Infektionen, Medikamente, Umweltverschmutzung, die Enge in ständig wachsenden Städten, Nikotin-, Alkohol- und Fettkonsum sowie die Aufnahme von industriell verarbeiteten Nahrungsmitteln.

Früher arbeiteten die Menschen mehr körperlich, ernährten sich von »echten« Lebensmitteln, die zu Hause gekocht wurden, nutzten weniger oder gar keine intelligenten Maschinen oder Geräte – sie lebten, einfach ausgedrückt, im Einklang mit der Natur.
Heute steht die Art und Weise, wie und was wir konsumieren, in keinem Verhältnis mehr zu unserer vorwiegend sitzenden und weniger körperlichen Arbeit. Schwere Mahlzeiten am späten Abend, das Lümmeln vor dem Fernseher und das späte Zubettgehen sind die Hauptursache für Magen-Darm-Probleme. Eingeschränkte Bewegungen oder die Haltung bei der Arbeit können wiederum die Ursache für viele Rückenschmerzen sein.

Aber »die« Ursache gibt es wahrscheinlich nicht, oder?

Naja, im Ayurveda wird eine universelle Ursache genannt, die sich auf unsere allgemeine Gesundheit auswirken kann: das Pragnaparadh, der Missbrauch unseres Intellekts. Das bedeutet, dass wir zwar wissen, dass Dinge wie beispielsweise Nikotin und Alkohol nicht gut für uns sind, wir aber dennoch nicht damit aufhören oder unseren Geist kontrollieren können. Es handelt sich hierbei nicht um ein pathologisches oder organisches Problem, sondern um ein selbst verursachtes. Die Art und Weise, wie wir reagieren und wie wir mit unserem Stress und unserem Geist umgehen, wirkt sich auf unsere gesamte Gesundheit aus.

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Welche ayurvedischen Maßnahmen kann jeder leicht in seinen Alltag integrieren?

Man kann sich angewöhnen, vor der morgendlichen Tasse Tee oder Kaffee zunächst ein Glas heißes Wasser zu trinken. Das regt den Darm an und löst Giftstoffe und Essensreste vom Vortag.

Darüber hinaus ist das Leben im Einklang mit der Natur das gesündeste: Frühes Zubettgehen und frühes Aufwachen, damit man die produktivsten Morgenstunden nutzen kann und ein guter, erholsamer Schlaf helfen dem Körper, sich zu reparieren, zu heilen und zu regenerieren. Und die bereits erwähnte Ernährung kann auch leicht angepasst werden. Essen wird im Ayurveda als heilige Handlung angesehen, daher ist es wichtig, regelmäßige Mahlzeiten einzuhalten, die das Ernährungssystem stimulieren und einem echten Hungergefühl folgen. Das bedeutet, ein warmes Frühstück mit gesundem Fett wie Ghee und Gewürzen wie Zimt, Ingwer, Kardamom; das Mittagessen als Hauptmahlzeit sowie ein leichtes Abendessen, das nicht zu spät stattfinden sollte.

Zudem lassen sich auch Meditationen und Atemübungen als Routinen in den Alltag integrieren – auch wenn diese vielleicht nur kurz sind, haben sie einen großen Einfluss auf unsere Energie, Kreativität, dem Gefühl der Ruhe und der geistigen Klarheit.

Und zu guter Letzt sollte man sich selbst mehr pflegen: Eine wöchentliche einfache Kopfmassage sowie eine Fußmassage vor dem Schlafengehen zählen zur Selbstfürsorge. Natürlich ist der Aufenthalt in der Natur und im Sonnenlicht auch immer hilfreich, um zur Ruhe zu kommen.

Gibt es ein Element im Ayurveda, das Sie für das Wichtigste halten?

Die ayurvedische Ernährung ist tatsächlich ein wichtiges Element als Quelle der Heilung. Ayurveda glaubt, dass wir glücklicher, gesünder und vitaler sind, wenn wir gut verdauen. Die Stärke unserer Verdauung wird von der Art, der Qualität und auch der Temperatur der Nahrung sowie von unserem emotionalen Zustand stark beeinflusst.

Die Auswahl der Lebensmittel, das Timing der Mahlzeiten und der Zustand des Bewusstseins während der Mahlzeiten erhöhen entweder unser Ojas (Vitalität) oder Ama (Toxizität).

Sie hatten schon angesprochen, dass das Mittagessen die Hauptmahlzeit darstellen sollte. Gibt es darüber hinaus noch etwas zu beachten?

Am besten ist es, sehr frische, regionale, saisonale sowie warme gewürzte Lebensmittel zu essen – gerade Gewürze können die Verdauung und Assimilation unterstützen. Zudem sollte man nur so lange essen, bis man satt und nicht »voll« ist. Und damit das Verdauungssystem optimal arbeiten kann, ist der Verzicht auf Snacks zwischendurch ratsam. Es sollten mindestens fünf Stunden zwischen den Mahlzeiten liegen. Auch eiskalte Getränke sollten vermieden werden, denn sie verringern das Verdauungsfeuer (Agni). Und last, but not least, sollte das Essen achtsam und ohne Ablenkung durch Handy oder Fernsehen zelebriert werden. 

Sharmili-Portrait
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